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Neuer überregionaler Tarifvertrag für die Elektrohandwerke in 7 Bundesländern

Erster Wertzeitkonten-Tarifvertrag im Handwerk

Seit 1.1.2018 können E-Betriebe u.a. in Schleswig-Holstein mit ihren Mitarbeitern auf tariflicher Grundlage Wertzeitenkonten (nachstehend WZK) einrichten.

Was bisher nur auf der Grundlage von Haus-Tarifverträgen in Unternehmen wie Deutsche Bahn, Bilfinger Berger etc. möglich war, die Einrichtung insolvenz- geschützter langfristiger Arbeitszeitguthaben für jeden Mitarbeiter, ist nunmehr auch in den tarifgebundenen elektrohandwerklichen Betrieben der vorgenannten Landesverbände möglich.

Mit diesem flächentariflichen Angebot reagieren diese Verbände auf das gestiegene Bedürfnis der Mitgliedsbetriebe, insbesondere ihren produktivsten Mitarbeitern Anreize auch jenseits von Entgelterhöhungen zu geben. Der demografische Wandel und das immer größere Gewicht, welches die Arbeitnehmer dem Faktor Freizeit bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes einräumen, setzen die Arbeitgeber unter Zugzwang. Denn inzwischen strebt nicht nur die viel beschworene „Generation Y“ nach einer besseren Balance zwischen Arbeit und Freizeit, sondern entsprechende Erwartungen ziehen sich durch alle Altersgruppen.

So enthält im Gegensatz zu entsprechenden Haustarifen in der Industrie der Wertzeitenkonten-Tarifvertrag im Elektrohandwerk auch keine zusätzliche Arbeitgeberleistung. Er ermöglicht mittels Öffnung bestehender regionaltariflicher Regelungen u.a. zur Arbeitszeit lediglich eine rechtssichere Einrichtung von Langfristkonten. Denn ohne eine solche tarifliche Ergänzungsregelung bewegen sich Betriebe mit „Hausregelungen“ zu Wertzeitkonten auf kritischem Terrain, sollte es einmal zu Streitigkeiten kommen.

Dieses Risiko galt es zu beseitigen und darüber hinaus auch Mitgliedsbetrieben, die sich nicht als Pioniere im Bereich betrieblicher Wertzeitkontenregelungen betätigen wollten, ein nachvollziehbares und kostengünstiges Angebot vorzulegen, welches sofort nutzbar ist. Die Betonung liegt hierbei auf „Angebot“! Kein Betrieb kann aufgrund dieses Tarifvertrags gezwungen werden, Wertzeitkonten einzuführen. Es gilt das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit – beide Seiten müssen es wollen.

Da man zur Realisierung – schon wegen des Insolvenzschutzes - nicht ohne externe Dienstleister auskommt – galt es geeignete Anbieter zu finden, die sich in ihrem operativem Geschäft nicht nur auf Großunternehmen konzentrieren, sondern die auch in der Lage sind entsprechende Konzepte vorzulegen, die auch für handwerkliche Betriebe mit im Durch- schnitt unter 10 Beschäftigten zu vertretbaren Kosten umsetzbar sind.

Noch vor wenigen Jahren wäre spätestens an diesem Punkt das Vorhaben gescheitert. Denn solche Anbieter gab es schlichtweg nicht. Die LIV haben sich 2015 für das Frankfurter Unternehmen netvisory entschieden, welches sich unter seinem Gründer Dr. Thomas Haßlöcher auf die Fahnen geschrieben hatte, die Idee der Wertzeitkonten in den deutschen Mittelstand zu tragen und auch für kleinere Betriebe mit wenigen Mitarbeitern anwendbar zu machen.

Zur Administration, Sicherung und Anlage der Wertzeitkonten bedient sich netvisory des Kooperationspartners Deutsche PensExpert GmbH, die dann auch direkter Ansprechpartner für die Mitgliedsbetriebe wäre. Auf der Seite www.penstime.de können diese sich schon heute über den konkreten Arbeitgebernutzen von Wertzeitkonten und deren vielfältige Ausgestaltung informieren.

Aber auch das Angebot von PensExpert ist nicht zwingend, sondern jeder Betrieb ist darin frei sich seinen Dienstleister selbst zu suchen. Der Tarifvertrag macht hier keine Vorschriften, sondern gibt nur allgemeine Empfehlungen.

Dennoch dürfte das Angebot von PensExpert viele Betriebe überzeugen, die sich auf die anspruchsvolle Suche nach Anbietern machen und deren Konditionen miteinander vergleichen. Denn kein anderer Anbieter auf dem Markt bietet für Betriebe mit nur wenigen Beschäftigten einen Insolvenzschutz auf Treuhandbasis an. Diese Lösung gibt es sonst nur für größere Unternehmen mit mehreren Hundert Beschäftigten. Die nur geringfügig günstigere Verpfändungslösung ist jedoch aufgrund ihres bürokratischen Aufwands und Störanfälligkeit gerade für Handwerksbetriebe deutlich weniger geeignet.

Auch die übrigen mit netvisory ausgehandelten Konditionen von einmalig 495,- Euro und monatlich 4,95 Euro je verbandsangehörigem Betrieb sowie eine Jahresgebühr von 0,06 Prozent auf das insolvenzgesicherte Kapital können sich sehen lassen. Der Mitarbeiter zahlt ebenfalls nur eine „Kontogebühr“ von 4,95 € pro Monat und hat dafür einen webbasierten Zugang zur Verwaltungsplattform, wo er jederzeit – so wie auch der Arbeitgeber – die Entwicklung des Kontostandes verfolgen und kontrollieren kann.

Als Erstinformation für die Mitgliedsbetriebe und deren Mitarbeiter ist die Herausgabe eines Faltblattes vorgesehen, das sich derzeit in Bearbeitung befindet.

Je frühzeitiger ein solches Konto eingerichtet wird, umso größere Spielräume eröffnen sich später, wenn auf das „Ersparte“ zurückgegriffen wird. Insbesondere leistungsbereite und einsatzstarke Mitarbeiter müssen keine Sorge mehr haben ihr Zeitguthaben wäre im Falle einer Insolvenz verloren. Im Gegenteil: Es kann ein höheres Guthaben aufgebaut werden, als etwa bei der Anlage eines Nettobetrages aus ausgezahltem Entgelt. Denn das Zeitguthaben wird ohne Abzüge von Steuern und Sozialabgaben als Bruttobetrag angespart.

Dieses Plus an Zeitsouveränität für den einzelnen Arbeitnehmer hebt den Betrieb mit WZK- Angebot aus der Masse der Mitbewerber heraus und macht ihn als Arbeitgeber attraktiv. Zugleich entfaltet es eine erhebliche Bindungswirkung. Insbesondere in der Güterabwägung des Arbeitnehmers, ob er wegen eines höheren Lohnangebots den Arbeitgeber wechselt und dafür möglicherweise sein so fleißig aufgebautes Wertguthaben als „Störfall“ auflösen muss, weil der neue Arbeitgeber kein WZK-Angebot hat.

Denn in den nächsten Jahren wird ein WZK-Angebot von Elektrohandwerksbetrieben sicher noch die Ausnahme bleiben. Ein Grund mehr zu den Ersten zu gehören und sich in einem weiter verengendem Fachkräftemarkt den Zugriff auf das beste Personal zu sichern. Denn in diesem bereits spürbaren Arbeitnehmermarkt ist Geld längst nicht mehr alles.

Wie das Thema betriebliche Altersversorgung zeigt, kann es zudem von Vorteil sein, nicht immer auf den Gesetzgeber zu warten. Denn mit der zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Betriebsrentenreform greift er massiv in die betriebliche Gestaltungsfreiheit ein und schreibt ab 2019 vor, in welcher Höhe der Arbeitgeber die Entgeltumwandlung seiner Mitarbeiter zu bezuschussen hat. Tarifgebundene E-Betriebe sind davon aber nicht betroffen. Für sie gilt der 2002 bundesweit abgeschlossene Tarifvertrag „zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge“ mit seiner 10%igen Zulage. Gegenüber der höheren „gesetzliche Zulage“ von 15 % ab 1.1.2019 genießt die tarifliche Regelung Vorrang.

Die Anlagen sind im Mitgliedsbereich der LIV-Webseite eingestellt.

 

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